Hagener Schachverein feierte Jubiläum im Bürgerhaus Natrup-Hagen
In einem festlichen Rahmen wurde am Samstag, dem 5. September, das 40-jährige Jubiläum des Hagener Schachvereins gefeiert, Wolfgang Sandkämper, erster Vorsitzender des Vereins, führte galant durch das über zweistündige Programm mit reichlich lobenden Worten für die viele ehrenamtlichen Mitstreiter. In den 40 Jahren ist der Schachverein mit über 100 Mitgliedern zu einem der größten Vereine Deutschlands herangewachsen. Rund 100 Jubiläumsgäste verfolgten die Veranstaltung mit der anschließenden Podiumsdiskussion, in der die drei bisherigen Vorsitzenden zur Vereinsgeschichte interviewt werden. Hierbei kamen manche lustige Anekdoten Emotionen und Erinnerungen der letzten Jahrzehnte zum Vorschein. Nach einem zünftigen Grillbuffet wurde bei flotter Discomusik noch bis tief in die Nacht getanzt.
„Schach ist alles: Kunst, Wissenschaft und Sport“, mit diesem Zitat des Schachweltmeisters Anatoli Karpow aus dem Gründungsjahr sprach Sandkämper nach seiner offiziellen Begrüßung direkt die Vertreter der Presse an: „Falls die Zeitung nicht wisse, in welchen Bereich über Schach zu berichtet werden soll. „Man kann eigentlich nichts falsch machen: in Frage kommen Sport, Wissenschaft, Kultur, Kunst, Unterhaltung und auch Lokales“. Sandkämper ging kurz auf die Veränderungen der Schachwelt in den letzten 40 Jahren ein. Im Gründungsjahr 1975 war es noch bei Wettkämpfen erlaubt, am Schachbrett zu rauchen und ein Bierchen zu trinken. Das sei heute nicht mehr möglich. Auch gab es noch keine elektronischen Hilfsmittel. „Wer heute nicht unter Manipulationsverdacht geraten möchte, lässt sein Smartphone am besten zu Hause. Auf alle Fälle hat es ausgeschaltet zu sein, denn sollte ein Handy während einer Partie klingeln, hat dies den Verlust zu Folge.“ Haben vor 40 Jahren zwölf Mitglieder den Verein gegründet, zählt er heute mit 101 Mitgliedern zu den größten Schachvereinen in Niedersachsen, laut Sandkämper sogar in Deutschland . Mit dankenden Worten für die langjährige Unterstützung übergab der erste Vorsitzende an Bürgermeister Peter Gausmann.
Er ist nicht nur Hausherr des Bürgerhauses, in dem diese Jubiläumsfeier stattfand, sondern auch im Alten Pfarrhaus, wo die Mitglieder sich des häufigeren zum Schach treffen. Für das regelmäßige Training sind die Räumlichkeiten allerdings schon vor Jahren zu klein geworden. Das findet wöchentlich in der Jägerbergschule statt. Mit den provokativen Fragen: Ist Schach eigentlich eine Sportart? Sind Schachspieler Sportler?“ hatte Gausmann die volle Aufmerksamkeit. aller Schachspieler bei sich. Die Anspannung löste sich sehr schnell, als Gausmann diese Fragen mit den wissenschaftlichen Untersuchungen des Großmeisters und Arztes Dr. Helmut Pfleger bejahte. Dieser fand 1981 heraus, dass die körperliche Anstrengung von Spitzenspielern hinsichtlich Atemfrequenz, Herzfrequenz, Blutdruck und eines Gewichtsverlustes während eines Turnieres gleich groß ist, wie bei anderen Sportarten, bei denen die Fähigkeit sich extrem zu konzentrieren im Vordergrund steht, wie zum Beispiel beim Sportschiessen, Motorsport oder Billard. „In 104 Staaten wird Schach als Sportart anerkannt! Zurzeit umfasst der Weltschachbund 159 nationale Verbände und gilt damit nach der Fifa als zweitgrößter Sportverband der Welt!“ , mit diesen Fakten brachte Gausmann selbst die eingefleischten Schachspieler zum Staunen. Jedes Jahr im Herbst zeichnet die Gemeinde Hagen ihre besten Sportler aus. Der Schachverein ist dabei mit jährlich mehreren Meistertiteln schon zum Dauergast geworden. Mit seinen zahlreichen Erfolgen zählt der Hagener Schachverein ebenso überregional zu den erfolgreichsten Schachclubs des Nordens. „Wir sind stolz, mit dem Schachverein unseren einzigen Bundesligaverein in Hagen zu haben!“ erklärt Gausmann. Seit 2011 spielt der Verein in der Jugendbundesliga. Gausmann betonte in seiner Rede die positive Auswirkung auf die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen. „Es ist Gehirnjogging und Gedächtnistraining und gerade auch ergänzend zur eigentlichen Schulbildung geeignet, Fähigkeiten wie Konzentrationsvermögen, Kreativität und den Umgang mit komplexen Vorgängen und Methodik bei Jung und Alt zu trainieren.“ Zusammenfassend zitiert er den ehemaligen mehrfachen Schachweltmeister Garry Kasparow: Schach lehrt Logik, Phantasie, Selbstdisziplin und Entschlossenheit und hat einen unvergleichbaren persönlichen intellektuellen Reiz.“
Martin Bäumer, Mitglied des Niedersächsischen Landtages empfand die Einladung zur Jubiläumsveranstaltung als einen „feinen Zug“, habe er doch in der Vergangenheit selber mit Begeisterung Schach gespielt. Die Erfahrungen aus dem Schachspielen hätten ihm für sein weiteres Leben sehr geprägt: Vorgänge genau zu analysieren und immer zwei bis drei Schritte im Voraus zu denken. „Für die Politiker wäre es gut, wenn mehr Schachspieler unter ihnen wären!“ Das Angebot am selben Abend sich noch zu einer Blitzschachpartie ans Brett zu setzen, setzte der Verein nach dem Essen sofort in die Tat um. Jannis Vogel hat Bäumer, der sich selbst als etwas eingerostet bezeichnete, in zwei Partien nur knapp geschlagen. Ein dickes Lob vom Ausbildungsleiter Karsten Bertram war der Lohn.
Michael S. Langer, Präsident vom Niedersächsischen Schachverband, ermunterte Bäumer auch gleich wieder mit dem Schachspielen zu beginnen. „Man darf mit der Pubertät zwar gewinnen, aber kann auch wieder anfangen … denn Schach macht einfach süchtig!“ Allerdings ist nicht bekannt, ob Bäumer das Angebot, dem Schachclub beizutreten, angenommen hat.
Nach einer musikalischen Einlage von Hannah Altvogt und Sophie Naber führten die ehemaligen Vorsitzenden Werner Wingbermühle, Gründungsvater des Vereins, und Manfred Heinsch, sowie der amtierende Vorsitzende Sandkämper in einer Podiumsdiskussion durch die erfolgreiche Geschichte des Vereins. Die Gründung des Vereins wurde 1975 mit einer Anzeige in der Zeitung begleitet. Anstelle zum traditionellen Frühschoppen gingen die zwölf Gründungsmitglieder sonntagmorgens zu Gaststätte Lampe zum Schachspielen. Erst nach 1992, nach Aufgabe der Gaststätte, zog man in das Wohnzimmer der Familie Lampe. Gerne erinnern sich die Teilnehmer an die gebratenen Koteletts. Jugendarbeit war für den Verein immer wichtig, aber der entscheidende Durchbruch begann vor zehn Jahren,, als Karsten Bertram zum Verein kam. Er brachte das nötige Know- How mit, Kinder und Jugendliche zu motivieren und bei der Stange zu halten. Mit viel zeitlichem Einsatz und Elan führt er die Anfänger durch die Spiele, gibt Anreize und erklärt Eröffnungsstrategien, bis sie aus den Kinderschuhen herausgewachsen sind und sich auf nationalen und internationalen Terrain sicher bewegen können. Dabei stehen Geselligkeit und Gemeinschaft der Mannschaft immer an erster Stelle. Seit Jahren bietet der Hagener Schachverein in den Sommerferien eine Schachfreizeit nach Tschechien an. Waren die zwölf Kinder 2005 noch mit privaten Autos zu transportieren, sind in diesem Jahr 42 Kinder und Jugendliche größtenteils mit dem Zug gefahren. Dreieinhalb Wochen spielten sie auf internationalen Turnieren in Pardubice und Prag. „Aber die Partien fangen meist erst um 16.00 Uhr an, so dass die Kinder genügend Freizeit haben“, beschreibt Bertram den organisatorischen Ablauf. Der Spielbebetrieb ist in den letzten Jahren von zwei Mannschaften auf acht Mannschaften angewachsen, dass bedeutet, dass an einem Wochenende bis zu 64 aktive Spieler parallel spielen können. Ein enormer organisatorischer Aufwand, der auch manchmal kurz vor den Turnieren die Telefonleitungen glühen lässt, um bei Krankheiten kurzfristig für Ersatz zu sorgen.
Ein besonderes Highlight in der Vereinsgeschichte war die Teilnahme von Paul Laubrock bei den Weltmeisterschaft 2011. Mit der finanziellen Unterstützung von mehreren regionalen Firmen war es möglich, dass er nach Brasilien fahren konnte. Ansonsten sind die zahlreichen Meistertitel und Erfolge nicht mehr aufzuzählen.
Besonders erwähnenswert war noch die Ehrung von Hermann Kamlage, der mit seinen 97 Jahren noch ab und zu in der Mannschaft mitspielt und damit das älteste spielende Mitglied in Niedersachsen ist.
(Ho) (HMB 17.09.15)